Die ängstlichen Drei

21.04.2022 | Aktuelles

Das Damentrio Bella, Shalin und Sonia lebt seit dem Sommer 2021 bei uns in der Hundegruppe. An dieser Stelle möchten wir über ihre Entwicklung berichten.

Sowohl in der Optik als auch im Wesen könnten die drei kaum unterschiedlicher sein: Bella, die kleine Hündin mit der heiseren Stimme, unter deren Vorfahren bestimmt mal ein Dackel zu finden war.

Shalin, der freche kleine Fuchs mit dem niedlichen Gesicht, die so gern spielt und Anlehnung bei den älteren Rüden sucht.

Und Sonia, die sanfte langbeinige Windhündin mit dem feinen weißen Fleck auf der Brust.

Gemeinsam haben sie eins: eine tief sitzende Angst vor dem Menschen. Wie diese Angst jeweils entstanden ist, darüber lässt sich nur spekulieren. Aber sie ist es, die eine Vermittlung im Heimatland fast unmöglich macht. Daher haben wir uns entschieden, die drei Hündinnen zu uns zu holen, um ihr Vertrauen zu gewinnen und mit ihnen zu arbeiten, in der Hoffnung, dass sie irgendwann in der Lage sein werden, in ein liebevolles Zuhause zu ziehen.

Alle drei hatten unterschiedliche Strategien entwickelt, um den menschlichen Kontakt zu vermeiden. Bella ist die Beobachterin aus der Ferne, die am liebsten in einem großen Bogen um alles Zweibeinige herum läuft. Sonia zieht sich komplett zurück und ist in der Lage, sich so zusammenzukauern, dass sie in einen Schuhkarton passen würde. Shalin hat anfangs geschnappt, wenn man sie anfassen wollte. Nicht in aggressiver Absicht, sondern einfach weil es oft genug funktioniert hat und sie so nicht weiter bedrängt wurde.

Diese Strategien galt es also auszuhebeln, wenn das Training erfolgreich werden sollte. Das Vorgehen und auch das Tempo ist hierbei jeweils so individuell wie die Hunde selbst. Manche lernen und kooperieren sehr schnell, andere brauchen mehr Zeit und es geht nur sehr kleinschrittig vorwärts. Solche traumatisierten Hunde werden in den seltensten Fällen von allein den Kontakt zum Menschen suchen, man muss also auf sie zugehen und sie dazu einladen. Und hier ist jeder Weg anders.

Über das Training mit Bella haben wir schon an anderer Stelle ausführlich berichtet. Sie hat weiterhin tolle Fortschritte gemacht und läuft nun schon fast souverän bei kleineren Spaziergängen mit. Manchmal muss sie noch ein bisschen überredet werden, aber sie entspannt immer mehr und mag es sehr, zwischendurch zu schnüffeln und ihren Beitrag zur hündischen Tageszeitung zu leisten.

Bella ist bald soweit, dass wir für sie ein neues Zuhause suchen können.

Shalin und Sonia gehören zu den Hunden, bei denen das Training deutlich mehr Zeit braucht. Sonia war so verängstigt, dass sie sich anfangs nicht getraut hat, in unserer Anwesenheit zu fressen. Das leckerste Futter konnte direkt vor ihrer Nase liegen, sie ist einfach versteinert und hat es nicht angerührt. Irgendwann durften wir zwar anwesend sein, aber unter Sichtkontakt konnte immer noch nicht gefressen werden. Sowieso war einfach nur angesehen zu werden schrecklich für Sonia. Am liebsten hätte sie sich unsichtbar gemacht und wäre irgendwohin verschwunden. Die anderen Hunde haben ihr im ersten Schritt sehr dabei geholfen, sich wieder freier zu fühlen, und es war so schön zu sehen, als sie angefangen hat, mit ihnen zu spielen. Ihr Gesichtsausdruck ist inzwischen ein völlig anderer geworden, sie kann wieder fröhlich und neugierig sein und lässt sich sehr gerne auch mal ein Leckerli zuwerfen. Aus der Hand kann sie noch nichts nehmen, aber man sieht ihr an, dass sie es eigentlich schon möchte. Es dauert bestimmt nicht mehr lange, bis sie sich traut.

Wir trainieren nun mit ihr, Geschirr und Leine zu tragen und damit ein paar Schritte zu laufen. Das fällt ihr immer noch sehr schwer, ohne panisch zu werden. Sie braucht häufig ein paar Tage Pause, damit sie verarbeiten und verinnerlichen kann, dass nichts Schlimmes mit ihr passiert. Es wird noch ein wenig dauern, bis sie spazieren gehen kann, aber wir sind sehr stolz auf ihre bisherige Veränderung.

Shalin ist deutlich selbstbewusster als Sonia und zu ihr konnten wir schnell über Futter eine Verbindung schaffen. Sie frisst ohne Probleme aus der Hand, ist neugierig und vorwitzig. Das Leinentraining ist aber auch für sie eine große Herausforderung. Anfangs lief sie panisch herum und fand es einfach nur schrecklich. Sie mag sich immer noch nicht gern anfassen lassen, aber sie verfällt nicht mehr in Panik und beginnt zu verstehen, dass es nicht dramatisch ist, wenn man eine Leine an sich trägt.

Wir sind so sicher, dass sie richtig viel Spaß an den Spaziergängen haben wird, sobald sie einmal gesehen hat, was draußen alles auf sie wartet.

Alle drei Hündinnen haben sich auf ihre unterschiedliche Art und Weise schon toll entwickelt und wir sind gespannt, wie es mit ihnen weiter gehen wird. Vor allem zeigt sich eins: mit Zeit und Geduld können Hunde, denen nicht viele noch eine Chance eingeräumt hätten, ihre Ängste auch wieder ablegen und ein neues Leben voller ungeahnter Möglichkeiten führen.